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Foto: Der Literaturkaffee

Reiner M. Sowa


Frage: Erinnern Sie sich noch, wann Sie Ihren ersten Kriminalroman gelesen haben ?

Reiner M. Sowa: "Der Richter und sein Henker" von Friedrich Dürrenmatt. Es war meine erste Schullektüre. Dürenmatts Roman hatte mich damals sehr gelangweilt, was wohl mehr am Unterricht meines Deutschlehrers als an Dürrenmatts Text lag.

Frage: Was interessiert Sie an Kriminalliteratur?

Reiner M. Sowa: Die Vielfalt in diesem Genre. Jedes Jahr erscheinen etwa 1000 Kriminalromane in Deutschland, da ist für jeden etwas dabei.

Frage: Wie sind Sie zum Krimi gekommen?

Reiner M. Sowa: Der Krimi schlich sich in mein Leben und wurde - ohne dass ich es anstrebte - zu einer tragenden Säule.

Frage: Warum schreiben Sie Krimis?

Reiner M. Sowa: Im Krimi kann ich mich austoben, es gibt keine Tabus, weder in der Sprache noch in den Inhalten. Welches andere Genre bietet diese Reichhaltigkeit?

Frage: Seit wann schreiben Sie Kriminalromane?

Reiner M. Sowa: Mit den Recherchen zu meinem ersten Roman "Ein Bestatter fährt zur Hölle" habe ich 1997 begonnen, als ich für die UNO in Sarajevo tätig war. Das Manuskript dazu verfasste ich 1999.

Frage: Ihre erste Krimi-Veröffentlichung (bitte nennen Sie Titel, Erscheinungsjahr und Verlag)?

Reiner M. Sowa: "Ein Bestatter fährt zur Hölle", 2000, Heider Verlag Bergisch Gladbach.

Frage: Als deutscher Autor: Was bedeutet deutsche Kriminalliteratur für Sie?

Reiner M. Sowa: Deutsche Kriminalromane sind Gesellschaftsromane. Sie entführen ihre Leser häufig in eine andere Welt. Es ist auch die Aufgabe der Literatur, fiktive Welten, fiktive Charaktere und fiktive Lebensentwürfe zu schildern, um den Lesern eine Projektionsfläche für eigene Erfahrungen zu bieten.
Vor allem deutsche Kriminalromane zeigen in ihren Geschichten die durchaus realen Nöte und Ängste der Menschen. Sie bieten den Lesern damit einen idealen Spiegel für eigene Befindlichkeiten. Deshalb sind sie so beliebt.

Frage: Gibt es einen Krimiautor / eine Krimiautorin, der oder die Sie beeinflusst hat?

Reiner M. Sowa: Nein.

Frage: Bilden Sie in Ihren Kriminalromanen die Gegenwart ab?

Reiner M. Sowa: Natürlich orientiere ich mich an der Realität, an dem, was uns Menschen in dieser Welt bewegt. Zudem interessiert mich die Vergangenheit, also die Zeit, die uns durch die Erziehung unserer Eltern geprägt hat. Deshalb haben meine Romane häufig auch Handlungsstränge, die sich mit dem Dritten Reich beschäftigen.

Frage: Wo würden Sie Ihr "Setting" wählen?

Reiner M. Sowa: Ausgangspunkt aller meiner Geschichten ist das Bergische Land, und das soll so bleiben, es sei denn meine frankophile Neigung wird sich irgendwann schriftstellerisch auswirken.

Frage: Halten Sie das Schreiben von Kriminalromanen für schwieriger oder weniger schwieriger als das Schreiben in einer anderen Literaturgattung?

Reiner M. Sowa: Ich habe früher Fachtexte geschrieben, die in kriminalistischen Zeitschriften erschienen sind. Dann gab es auch Fachliteratur für die polizeiliche Ausbildung aus meiner Feder. Das war natürlich wesentlich einfacher als das Schreiben fiktionaler Texte. Romane erfordern ein hohes Ausmaß an Kreativität, was in der Fachliteratur nicht der Fall ist.

Frage: Welches (Sub-)Genre der Kriminalliteratur bevorzugen Sie?

Reiner M. Sowa: Ich schreibe Bestatter-Krimis, was mir erlaubt, das Thema Mord und Totschlag nicht nur aus kriminalistischer Sicht zu betrachten. Ich kann Aspekte der Trauerphilosophie und -psychologie einbringen, die leider in vielen Krimis zu kurz kommen. Auch mag ich Polizeiromane, wenn sie gut recherchiert sind.

Frage: Findet Ihrer Meinung nach der Kriminalroman im Feuilleton gebührende Beachtung?

Reiner M. Sowa: Oh ja. An der Macht der Leser kommt heutzutage keine Publikation vorbei.

Frage: Arbeiten Sie zur Zeit an einem neuen Kriminalroman / an einer neuen Krimistory?

Reiner M. Sowa: Es ist ein neuer Bestatter-Roman ist in Arbeit. Obwohl "Hurenkommissar" auf ein sehr breites Leseinteresse gestoßen ist, möchte ich den Bestatter fortführen. Es wäre einfach schade, diese Figur sterben zu lassen. Aber es ist auch eine Fortsetzung mit Torsten Korber, dem Polizeispitzel aus "Hurenkommissar" geplant.

Frage: Halten Sie das Genre Kriminalliteratur für eine wichtige Literaturgattung?

Reiner M. Sowa: Jede Literaturgattung ist wichtig und hat ihre Berechtigung.

Frage: Sex im Krimi?

Reiner M. Sowa: Diese Frage klingt wie "Sex im Bett?" oder "Sex in der Natur?". Im Krimi lassen sich alle Themen des Lebens erzählen, dazu gehört auch Sex. Aber Sex ist für einen Krimi nicht zwingend.

Frage: Gibt es einen "Frauenkrimi"?

Reiner M. Sowa: Dieses Spartendenken halte ich für überflüssig. Ich lese auch das, was andere als "Frauenkrimi" bezeichnen.

Frage: Für wen schreiben Sie?

Reiner M. Sowa: Für meine Leser, und natürlich auch für mich.

Frage: Plotentwicklung - Ihr erster Gedanke?

Reiner M. Sowa: Die Tat - der Konflikt. Und dann gehe ich vor, wie ein Kriminalkommissar am Tatort.

Frage: Machen Sie sich Notizen und wo kommen Ihre Ideen her?

Reiner M. Sowa: Um möglichst realitätsnah schreiben zu können, befrage ich viele Menschen zu den verschiedensten Themen. Deshalb ist ein Notizbuch mein ständiger Begleiter. Was die Ideen angeht: Sie kommen - ich weiß nicht woher.

Frage: Krimi - eine Literaturgattung?

Reiner M. Sowa: Zweifellos, auch wenn sich die Grenzen zu anderen Literaturgattungen nicht immer eindeutig ziehen lassen. Aber die Einordnung Krimi bietet vielen eine Orientierung in der Bücherflut.

Frage: Wo schreiben Sie?

Reiner M. Sowa: Am liebsten unterm freien Himmel, weshalb ich mich häufig zum Schreiben nach Süd-Frankreich zurückziehe.

Frage: Hindert der PC Sie am Schreiben?

Reiner M. Sowa: Im Gegenteil.

Frage: Welchen Kriminalroman hätten Sie selber gerne geschrieben?

Reiner M. Sowa: Es gibt nur ein Werk, dass ich gerne mitverfasst hätte: die Bibel.

Frage: Als deutscher Autor: Haben Sie Kontakt zu ausländischen Kollegen/Kolleginnen?

Reiner M. Sowa: Ich lebe international, so dass es auch Kontakte zu Autoren in anderen Ländern gibt, Als Mitglied der "International Crime Writers Association" lerne ich regelmäßig neue Autoren in der Welt kennen. Da die Schauplätze meiner Romane nicht nur in Deutschland angesiedelt sind, bin ich sehr dankbar, dass mir die ICWA-Kollegen hilfreich zur Seite stehen.

Frage: Ihre Lieblingstatwaffe?

Reiner M. Sowa: Gibt es nicht.

Frage: Mord - muss das sein?

Reiner M. Sowa: Ich denke, dass jeder Mensch fähig ist zu töten, wenn die entsprechende Konfliktsituation eintritt. Wir tabuisieren den Tod in unserem Leben, von daher ist es sehr wertvoll, wenn Kriminalromane uns daran erinnern, dass das Leben endlich ist.

Frage: Wer ist überschätzt?

Reiner M. Sowa: Ich schreibe Romane und überlasse die öffentlichen Urteile den Kritikern.

Frage: Wer ist unterschätzt?

Reiner M. Sowa: s.o.

Frage: Ihr Lieblingsbuch als Kind?

Reiner M. Sowa: Das war "Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer". Es ist eine Geschichte, die mich heute noch begeistern kann.

Frage: Ihr Lieblingsbuch heute?

Reiner M. Sowa: Als Kind hatte ich Lieblingsbücher, -filme, -spiele, etc. Heute vergebe ich diese Superlativen vor allem für meine Lieblingsfrau, meine Lieblingstochter und meinen Lieblingssohn.

Frage: Ihre Lieblings-Krimiautorin / Ihr Lieblings-Krimiautor?

Reiner M. Sowa: s.o.

Frage: Ihr Lieblingsfilm?

Reiner M. Sowa: s.o

Frage: Ihr Lieblingsgetränk?

Reiner M. Sowa: s.o.

Frage: Welche Bedeutung hat für Sie Essen und Trinken?

Reiner M. Sowa: Es ist mehr als Nahrungsaufnahme, es ist vor allem Kommunikation und Genuss.

Frage: Kochen Sie?

Reiner M. Sowa: Wenn ich mich in die Einsamkeit des Romanschreibens zurückziehe jeden Tag. Die Gerichte müssen vor allen Dingen unkompliziert und schmackhaft sein. Dazu kaufe ich täglich frisch ein.

Frage: Ihr Lieblingsgericht:
[Rezept am Schluß des Fragebogens]

Reiner M. Sowa: Mein Lieblingsrezept hat sich seit meiner Kindheit nicht verändert: Karpfensuppe. Und damit es mein Lieblingsgericht bleibt, gibt es das nur einmal im Jahr, nämlich zu Weihnachten.

Frage: Gehen Sie essen, und wenn ja, wo?

Reiner M. Sowa: Ich meide sogenannte Schnell-Restaurants, die sich als Ketten über Deutschland und die Welt ausgebreitet haben. Ansonsten bin ich für alle Speisekulturen offen.

Frage: Was ist Ihr Lieblingskleidungsstück?

Reiner M. Sowa: Siehe Frage 33.

Frage: Fußball - ist das ein Thema für Sie?

Reiner M. Sowa: Nur wenn die ganze Welt um das Schicksal des runden Leders bangt.

Frage: Ihre Lieblingsstadt in Deutschland?

Reiner M. Sowa: Es gibt so viele wunderschöne Städte in Deutschland, dass ich das Prädikat "Lieblingsstadt" nicht vergeben kann.

Frage: Ihr Lieblingsland?

Reiner M. Sowa: Derzeit: Frankreich

Frage. Was lieben Sie?

Reiner M. Sowa: Meine Familie, das Schreiben, gutes Essen, den blauen Himmel und das Meer.

Frage. Was verabscheuen Sie?

Reiner M. Sowa: Intoleranz, was nicht bedeutet, dass ich alle Meinungen und Strömungen schätze.

Frage: Beste Schulnote - worin?

Reiner M. Sowa: Schwer zu sagen: In manchen Schuljahren war es Englisch, dann wieder Mathematik oder Deutsch, aber auch Sport oder Kunst.

Frage: Schlechteste Schulnote - worin & warum?

Reiner M. Sowa: Latein. Ich war schlichtweg zu faul, um die Grammatik und die Vokabeln dieser toten Sprache zu lernen.

Frage: Ihr Traumberuf?

Reiner M. Sowa: Das Leben bietet ein Fülle interessanter und zufriedenstellender Berufe. Leider ist es zu kurz, um auch nur einen Bruchteil des Angebots auszuprobieren. Ich könnte mich in vielen Berufsfeldern wiederfinden, ohne sie mit dem Prädikat "Traumberuf" bezeichnen zu wollen.

Frage: Haben Sie eine Ahnung, warum Sie diesen Fragebogen beantwortet haben?

Reiner M. Sowa: Gisela Lehmer-Kerkloh schenkte mir ein nettes Lächeln, als sie mich um die Beantwortung des Fragebogens bat. Und jetzt sitze ich im ICE, auf dem Weg zu einer Lesung in der Schweiz, und habe Zeit, mich auf die Fragen einzulassen.

Die Befragung erfolgte ohne Zeugen im November 2007.

Das Rezept: "Karpfensuppe"

Kopf, Schwanz und Flossen mehrerer Karpfen werden mit Möhren, Zwiebeln, Lorbeerblättern, Lauch, Sellerie, viel Petersilie, Salz und Brühwürfeln aufgekocht und man lässt sie vierzig Minuten leise bei kleiner Flamme ziehen. Der fertige Sud wird durch ein Sieb abgegossen. Anschließend wird eine Mehlschwitze angerührt, um sie immer wieder mit dem Sud abzulöschen und aufzugießen, was eine leicht sämige Suppe ergibt, die mit in Butter gerösteten Toastbrotwürfeln serviert wird.

Reiner M. Sowa
Reiner M. Sowa war in seiner 25jährigen Kommissarslaufbahn als Drogenfahnder und Todesermittler sowie in diversen Lehraufträgen an polizeilichen Aus- und Fortbildungsinstituten tätig. Er errichtete im Auftrag der UNO eine Polizeiakademie in Sarajevo.
Mit seinen Romanen, deren Protagonist ein Bestatter ist, begründete er ein neues Krimigenre, den Bestatter-Krimi.
Sein jüngster Roman "Hurenkommissar" bietet nicht nur einen Einblick in das Polizeimilieu, sondern zeigt auch auf, warum Polizeibeamte zu Straftätern werden können.


Homepage:
www.sowa.de

Die Krimis
Ein Bestatter fährt zur Hölle (2000)
Ein Bestatter in dunkler Vergangenheit (2002)
L'ombre de la Napola (französische Version von "Ein Bestatter in dunkler Vergangenheit" OA 2005, TB 2006)
Hurenkommissar (2007)


Die Krimikurzgeschichten
"Wahnsinn in Goch" in "Mord am Niederrhein" (2004)
"Dortmunder Deal" in "Mord am Hellweg" (2004)
"Leichenasche" in "Mord unter Kopfweiden" (2004)
"Nie wieder Norden" in "Fiese Friesen" (2005)


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Alle Titel und natürlich jedes andere lieferbare Buch können und sollten Sie bei Missing Link in Bonn bestellen, einer Buchhandlung, die sich auf Sekundärliteratur zum Krimi, auf Kriminalliteratur und auch auf die Beschaffung ausländischer Literatur spezialisiert hat.
Buchhandlung Missing Link
Zweigniederlassung Bonn
Thomas Przybilka
Buschstr. 14
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Fax: 0228 - 24 21 385
Tel: 0228 - 24 21 383
e-mail: [email protected]
- deutsche Bücher stets porto- und verpackungskostenfrei! - fremdsprachige Titel ab einem Rechnungsendbetrag von EUR 52,00 innerhalb der BRD stets porto- und verpackungskostenfrei!


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Die Befragenden:

Gisela Lehmer-Kerkloh rezensiert Kriminalliteratur. Sie ist Mitglied bei den Sisters in Crime, bei der GVM (Genootschap van Vlaamse Misdaadauteurs), sowie Amiga im Syndikat.
Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht sie regelmäßig ihren "Krimi-Kurier" Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag

Thomas Przybilka verdient seinen Lebensunterhalt als Buchhändler. Er ist langjähriges Mitglied der "Autorengruppe Deutschsprachige Kriminalliteratur Das Syndikat". 1989 baute er das international bekannte "Bonner Krimi Archiv (Sekundärliteratur)" [BOKAS] auf. Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht er regelmäßig seine "Krimi-Tipps zur Sekundärliteratur zum Krimi." Zahlreiche Publikationen zur Kriminalliteratur in Fachanthologien und -magazinen im In- und Ausland. Kriminalgeschichten in Deutschland, Bulgarien und Spanien. Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag



Die Befragungen von Gisela Lehmer-Kerkloh und Thomas Przybilka
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