Die Befragung von Gisela Lehmer-Kerkloh und Thomas Przybilka
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H.P. Karr
(d.i. Reinhard Jahn]

Frage: Warum Krimis?

H.P. Karr: Was wird das hier? Was wollt Ihr? Ich sag nichts!

Frage: Was bedeutet deutscher Krimi für Sie?

H.P. Karr: Nicht mit mir. Ich will meinen Anwalt sprechen. Ohne Anwalt geht hier nichts, klar? Schon gar nicht diese Guter-Bulle / Böser-Bulle-Nummer. Nicht mit mir!

Frage: Wer ist überschätzt?

H.P. Karr: Ich reiß doch keinen Kollegen rein. Für wie blöd haltet ihr mich? Oder Moment mal ... wie heißt der gleich ... der eine ... naja, egal ...

Frage: Wer ist unterschätzt?

H.P. Karr: Nicht auf die Tour. Ich kenn das. Erst Vertrauen aufbauen und dann ganz link den Sack zumachen. Was habt ihr überhaupt in der Hand gegen mich? Habt ihr überhaupt was? Wenn ihr nämlich nix habt, geh ich hier gleich wieder raus ... alles klar? Oder haben die anderen was erzählt? Fiedler oder Jaumann? Na, haben die? – Also!

Frage: Krimi – eine Literaturgattung?

H.P. Karr: So what? Fragt die Klugscheißer von Experten. Habt ihr doch genug davon, die hier rumlaufen!

Frage: Wie sind Sie zum Krimi gekommen?

H.P. Karr: Ich mach nur saubere Geschäfte. Ich hab anderthalbtausend Stories geschrieben, das ist alles absolut korrekt abgewickelt, damit das klar ist. Ich hab mir mein Geld ehrlich verdient. Und meine Preise auch.

Frage: Ihre Lieblingstatwaffe?

H.P. Karr: So nicht, Herzchen. Nicht auf diese Tour.

Frage: Mord – muss das sein?

H.P. Karr: Na was? Was ist denn mit euch? Würdet ihr sonst hier sitzen? Ihr braucht es doch auf die harte Tour. Hinter einem Eierdieb wärt ihr doch nicht so knallhart her, hab ich Recht? Genau. Ich habe Recht!

Frage: Warum schreiben Sie?

H.P. Karr: Wieso red ich überhaupt mit euch? Habt ihr was an den Ohren? Ich bin Autor. Punkt. Deswegen schreib ich. Ist das langsam angekommen?

Frage: Bilden Sie in Ihren Kriminalromanen die Gegenwart ab?

H.P. Karr: Also wenn ihr beiden euch jetzt denkt, dass ich euch irgendwo abbilde, dann habt ihr euch aber sowas von geschnitten. Da müssen schon ganz andere kommen. Aber ganz andere.

Frage: Wo würden Sie Ihr "Setting" wählen?

H.P. Karr: Na guckt euch mal um. Dunkle Bude, verdreckte Fenster, draußen regnet es seit Tagen. Genau da würde ich mein setting wählen. Oder auch nicht. Denn wenn ihr meint, dass es hier richtig abgeht, dann wart ihr noch nicht in den Vorstandsetagen, wo sie in ihrem Designer-Zwirn rumrennen ...

Frage: Welche Bedeutung hat für Sie Essen und Trinken?

H.P. Karr: Genau. Ich hab hier ein Recht auf eine warme Mahlzeit alle vier Stunden. Also husch-husch, den Pizzadienst anrufen, ja! Ich will eine Frutti die Mare mit extra Knoblauch und eine Cola light.

Frage: Sex im Krimi?

H.P. Karr: Sex? Jetzt? Hier? Mit wem? Ihr habt ja wohl ein Rad ab!

Frage: Wenn ja, warum?

H.P: Karr: Habt ihr was an den Ohren?

Frage: Wenn nein, warum?

H.P. Karr: Und wie oft? Und wie rum? Nächste Frage, ich hab heute noch was vor ...

Frage: Gibt es einen "Frauenkrimi"?

H.P. Karr: Ach, kommt jetzt diese Verständnis-Tour? Die "Ich versteh ja, dass du ein böser Junge bist"-Nummer? Ich sag euch mal was! Ich will keinen Anwalt – ich will jetzt sofort eine Anwältin! Und beim Prozess will ich eine Richterin ...

Frage: Für wen schreiben Sie?

H.P. Karr: Könnt ihr lesen? Also!

Frage: Plotentwicklung – Ihr erster Gedanke?

H.P. Karr: Mein erster Gedanke? Versuchen zwei von euch Vögeln einen unschuldigen Krimiautor weichzukochen. Knasten ihn ein und labern ihm einen Knopf ans Ohr. Versuchens mal so und mal so ... Also strengt euch an. Wie's weitergeht hängt ganz von euch ab!

Frage: Machen Sie sich Notizen und wo kommen Ihre Ideen her?

H.P. Karr: Ich mach mir Notizen für meine Anwältin. Die weiß dann genau, mit welchem Paragraphen wir euch drankriegen können! Und ansonsten? Niemals schriftliche Spuren hinterlassen.
Die Typen, die ihr in mein Büro geschickt habt, werden euch eh gleich sagen, was sie gefunden haben. Nämlich nix. Und zwar nix mit einem großen X.

Frage: Wo schreiben Sie?

H.P. Karr: Na wo wohl? Am Computer. Mein Gott, wo bin ich hier nur reingeraten. Wo bleibt übrigens nur die Pizza?

Frage: Hindert der PC Sie am Schreiben?

H.P. Karr: Hört mir hier überhaupt einer zu? Ich sag ja, ihr sagt nein, ich stop, ihr sagt go ...

Frage: Ihr Lieblingsbuch als Kind?

H.P. Karr: Checkt das selber im Rechner von meiner Stadtbücherei! Irgendwas mit "Fünf Freunde" wahrscheinlich. Sagts mir, wenn ihr was findet.

Frage: Ihr Lieblingsbuch heute?
H.P. Karr: Gibt's außer mir noch andere, die Bücher schreiben?

Frage: Ihre Lieblings-Krimiautorin / Ihr Lieblings-Krimiautor?
H.P. Karr: Ja wie jetzt? Ob ich auf Frauen oder Männer stehe? Wollt ihr das wissen? Dann fragt nicht so schräg ...

Frage: Ihr Lieblingsfilm?
H.P. Karr: Nicht ablenken jetzt. Ihr wollt doch wissen, ob ich ...

Frage: Ihr Lieblingsgetränk?

H.P. Karr: Genau, wo bleibt meine Cola? Light, hab ich gesagt, ja? Und wehe, mir bringt einer dieses Cherry-Cola-Zeugs. Dann gibt's aber sowas von auf die Finger.

Frage: Kochen Sie?

H.P.Karr: Sagt mal, für wen arbeitet ihr eigentlich? Werd ich hier für Alfredissimo gecastet oder wie?

Frage: Gehen Sie essen, und wenn ja, wo?

H.P. Karr: Und wenn ja, sag ich euch es dann, wo? Never ever. Weil ich da nämlich nix von euch Vögeln sehen will.

Frage: Was ist Ihr Lieblingskleidungsstück?

H.P. Karr: Mein Latexcatsuit. Aber davon versteht ihr nix. Oder? Na! Sag ich doch.

Frage: Fußball – ist das ein Thema für Sie?

H.P. Karr: Langsam gehen euch wohl die Fragen aus, was? Ist Eishockey ein Thema für euch? Oder Biathlon? Na los, ich warte ...

Frage: Frauen/Männer – ist das wichtig für Sie?

H.P. Karr: Aha, langsam kommt ihr wieder aufs Thema. Frauen oder Männer - na was meint ihr? Wofür haltet ihr mich? Seh ich aus wie'n Kerl, der bei einer Frau nein sagt?

Frage: Ihre Lieblingsstadt in Deutschland?
H.P. Karr: Spielen wir hier Stadt-Land-Fluss?

Frage: Ihr Lieblingsland?

H.P. Karr: Ja, wie spielen Stadt-Land-Fluss. Und warum? Ich will jetzt meine Anwältin, meine Pizza und meine Cola. Und zwar in dieser Reihenfolge.

Frage: Was lieben Sie?

H.P. Karr: Was wollt ihr hören? Und was hackt ihr immer wieder auf diesem Thema rum? Seid ihr irgendwie fixiert ...

Frage: Was verabscheuen Sie?

H.P. Karr: Soll ich ehrlich sein: Blöde Fragen. Ich will aufs Klo. Und zwar ohne diese Handschellen.

Frage: Beste Schulnote – worin?

H.P. Karr: Schule? Ja, da war mal was. Aber das geht euch nichts an.

Frage: Schlechteste Schulnote – worin & warum?

H.P. Karr: Lasst uns lieber wieder Stadt-Land-Fluss spielen, okay? Aber erst will ich aufs Klo.

Frage: Ihr Traumberuf?

H.P. Karr: Na, was bin ich? Schriftsteller. Also! Langsam reichts mir. Ich hab Hunger, ich noch ein Date und euch gehen die Fragen aus. Sagt jemand mal "Cut!", bitte!.

Frage: Haben Sie eine Ahnung, warum Sie diesen Fragebogen beantwortet haben?

H.P. Karr: Damit ihr mich endlich aufs Klo lasst? Ja? Reicht das? Muss ich noch was unterschreiben? Dann macht mir diese verdammten Handschellen ab, aber pronto ... Und wehe einer von euch geht an meine Pizza, während ich auf dem Klo bin ...


H.P. Karr
Geboren 19.10.1995 in Saalfeld/Thüringen. Reinhard Jahn studierte Publizistik, Germanistik und Anglistik. Er arbeitete während seines Studiums und danach als Reporter, Redaktuer, freier Schriftsteller und Journalist. Reinhard Jahn ist einer der Mitbegründer des "Bochumer Krimi Archivs", in der Szene kurz "BKA" abgekürzt. Das "BKA" versteht sich als Sammelung vornehmlich deutscher Kriminalliteratur (Primärtexte), aber auch als Informationsstelle für alles, was mit Kriminalliteratur zu tun hat. Vom "Bochumer Krimi Archiv" unter supervisor Reinhard Jahn wird seit 1985 der Deutsche Krimi Preis vergeben, jeweils in drei Rängen in den Sparten nationale und internationaler. Seit einigen jahren ist Reinhard Jahn, zusammen mit Manfred Sarrazin, an jedem letzten Freitag des Monats in der "Telefonischen Mord(s)beratung" auf WDR 5 ansprechbar.
Seit 1979 schreibt Reinhard Jahn unter dem Pseudonym H(anns) P(eter) Karr Kriminalromane, Kurzkrimis, Krimi-Hörspiele, Ratekrimis und Jugendkrimis. Überaus erfolgreich war die vierbändige Gonzo-Serie (zusammen mit Walter Wehner). 1988 wurden Karr & Wehner mit dem "Walter Serner Preis" des DFG für "Nachtfahrt" ausgezeichnet. 1989 erhielten beide den "Walter Hasenklever Preis" (Literaturpreis der Stadt Aachen) für ihre Kriminalstory "Angela, mein Engel". 1996 erhielte das Autoren-Duo für "Rattensommer" den Friedrich-Glauser-Preis - Krimipreis der Autoren in der Sparte Roman und 2000 wurden beide mit dem "Literaturpreis Ruhrgebiet" ausgezeichnet.

H.P. Karr schließlich wurde 2004 für seinen Kurzkrimi "Wofür halten Sie mich?" (in "Mordslust", Scherz Verlag) für dien Friedrich-Glauser-Preis - Krimipreis der Autoren 2004 in der Sparte Kurzgeschichte nominiert.

Auch im Bereich der Referenzliteratur zur Kriminalliteratur hat sich Reinhard Jahn einen Namen gemacht. 1992 erschien in der Edition Softcrime die Basisversion seines "Lexikon der deutschen Krimiautoren" (Diskette), seit 1998 ist dieses Lexikon nun auch als Internet-Edition einsehbar (updates erfolgen mehr oder weniger regelmäßig). Auf Einladung der Washington Post - Book World Herausgeberin Nina King schrieben Thomas Przybilka und Reinhard Jahn den Beitrag "Tales of Two Capitals" für das Kapitel Germany in "Crimes of the Scene. A Mystery Novel Guide For the International Traveler" (herausgegeben von Nina King und Robin Winks,1997, New York, St. Martin's Press). 2002 wurde dann von Angelika Jockers unter der Mitarbeit von Reinhard Jahn das "Lexikon der deutschprachigen Krimi-Autoren" als Printversion im Verlag der Criminale vorgelegt, inzwischen ein Standardwerk, um sich über Biographien und Bibliographien deutschsprachiger Kriminalschriftstellerinnen und Kriminalschriftsteller ausführlich zu informieren.

Homepage: http://homepages.compuserve.de/krimijahn

Die Krimis:
1979, Stop der Juwelenbande. F. Schneider Verlag
1981, Stop den Falschmünzern. F. Schneider Verlag
1985, Beziehungsweise Mord.
1991, Mord! – Krimis zum Selberlösen. rororo 8908
1992, Das Morden geht weiter. rororo 8917
1997, Mord ist nichts für Männer. Econ 25161
2000, Rätselkrimis zum Selberlösen. Moewig
2002, Ratekrimis für Jugendliche. Moewig
o.J., Noch mehr Ratekrimis zum Selberlösen – 40 x dem Täter auf der Spur. Moewig

zusammen mit Barbara Hölscher
1999, Doppelt gewinnt. Econ-List 25252

zusammen mit Walter Wehner

1992, Berbersomme. A4-Verlag
1994, Geierfrühling. Haffmans Verlag
1995, Rattensommer. Haffmans Verlag
1996, Blutiger Sommer. Henselowsky Boschmann Verlag
1997, Hühnerherbst. Haffmans Verlag
1997, Tödliche Bücher. Delius Verlag
1999, Bullenwinter. Haffmans Verlag
2000, Das John-Lennon-Komplott. Verlag der Criminale

als Herausgeber mit Jürgen Kehrer / Herbert Knorr
2002, Mord am Hellweg. Grafit


Beiträge in "Kettenromanen":
1998, Kapitel 16. In: Eine böse Überraschung. rororo 43296
2000, Kapital 3. In: Das Gipfeltreffen. Heyne

Die Krimikurzgeschichten:
Eine Auflistung aller Kurzkrimis wie auch aller Hörspiele würde den Rahmen dieser "Befragung" sprengen.

Stand: 30.3.2004

© Gisela Lehmer-Kerkloh & Thomas Przybilka

Alle Titel und natürlich jedes andere lieferbare Buch können und sollten Sie bei Missing Link in Bonn bestellen, einer Buchhandlung, die sich auf Sekundärliteratur zum Krimi, auf Kriminalliteratur und auch auf die Beschaffung ausländischer Literatur spezialisiert hat.
Buchhandlung Missing Link
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Die Befragenden:

Gisela Lehmer-Kerkloh rezensiert Kriminalliteratur. Sie ist Mitglied bei den Sisters in Crime sowie Amiga im Syndikat.
Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht sie regelmäßig ihren "Krimi-Kurier" Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag

Thomas Przybilka verdient seinen Lebensunterhalt als Buchhändler. Er ist langjähriges Mitglied der "Autorengruppe Deutschsprachige Kriminalliteratur Das Syndikat". 1989 baute er das international bekannte "Bonner Krimi Archiv (Sekundärliteratur)" [BOKAS] auf. Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht er regelmäßig seine "Krimi-Tipps zur Sekundärliteratur zum Krimi." Zahlreiche Publikationen zur Kriminalliteratur in Fachanthologien und -magazinen im In- und Ausland. Kriminalgeschichten in Deutschland, Bulgarien und Spanien. Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag