Good bye, Shaft! Wer zu Isaac Hayes� Musik die ersten sechs Krimis mit Ernest Tidymans (1928 � 1984) schwarzem 70er-Jahre-Kultdetektiv verschlungen hat, muss in Shafts siebtem, erstmals auf Deutsch verfügbaren Romanauftritt �Shaft und die Geldwäscher� (Pendragon, Bielefeld 2008, 223 Seiten, 9,90 Euro) Abschied nehmen. �The Last Shaft� (1975) hebt ein letztes Mal den Vorhang für den coolen Harlemer Privatermittler, der sich so oft zwischen alle Stühle setzte.
Sind die Shaft-Krimis bei allem Blaxploitation-Chic im Grunde eher konventionelle Genreprodukte, sollte man bei Heinrich Steinfests Büchern alle Schubladen schließen � seine Kriminalromane passen sowieso nicht rein. Dafür faszinieren Romane wie �Der Umfang der Hölle� (2005) oder jetzt auch �Mariaschwarz� (Piper, München 2008, 315 Seiten, 16,90 Euro) durch wunderbar schräge Geschichten und die Geschliffenheit ihrer Sprache. 
Aus dem Gleichgewicht ist auch das Miami der späten 70er und frühen 80er Jahre: Der Rassismus grassiert, Castro schickt Kubas Zuchthäusler nach Florida, die kolumbianische Drogenmafia organisiert den Kokainboom, und Papa Docs Diktatur treibt die Haitianer in Booten übers Meer. Wie alle Immigrantengruppen bringen sie nicht nur Sprache und Riten mit, sondern auch Verbrecher, die im Schutze der Community ihr schmutziges Geschäft aufziehen. Mit ihnen bekommt es Max Mingus in Nick Stones (Jahrgang 1966) zweitem Roman �Der Totenmeister� (Goldmann Taschenbuch, München 2009, 632 Seiten, 9,95 Euro) zu tun. Der solide konstruierte, atmosphärisch aufgeheizte Thriller (�King of Swords�, 2007) spielt vor Stones Debütroman �Voodoo� (2006): Mingus ist noch Cop bei der Miami Task Force, wo man nicht zimperlich ist: Auch Mingus hat �Schlechtes getan, um Gutes zu erreichen (...) Manchmal hat man keine Wahl. Na ja, man hat immer eine Wahl. Man kann immer gehen. Aber ich gehöre nicht zu den Leuten, die einfach gehen�.
Nein, das tut dieser Mingus nicht. Auch dann nicht, als die Feinde auch im eigenen Laden auszumachen sind ...

Zurück in die Gegenwart und zu einem hochaktuellen Thema: Welch gefährlicher Mix aus Terrorhysterie und digitaler Datenschlamperei entstehen kann, zeigt der Niederländer Charles den Tex (Jahrgang 1952) in seinem Thriller �Die Zelle� (Grafit, Dortmund 2009, 446 Seiten, 19,90 Euro). Darin gerät der unbescholtene Michael Bellicher ins Visier von Polizei und Geheimdienst: Mit einem auf seinen Namen zugelassenen Fahrzeug wurde nach einem Unfall mit Todesfolge Fahrerflucht begangen. Offenbar wurde Bellicher Opfer eines Identitätsdiebstahls, seine bürgerliche Existenz wird für fremde Zwecke missbraucht, und schließlich sitzt der Verzweifelte sogar im Knast. Zum Glück verfügt das Opfer über gute Beziehungen zu einflussreichen Kreisen, mit deren Hilfe er nun seine Gegenoffensive organisiert � nicht immer im Rahmen der Legalität, aber was zählt das schon, wenn man selbst zum Outlaw erklärt wurde ...
�Die Zelle� (�Cel�, 2008) bietet einen interessanten Plot und feine Actionszenen inklusive einer Hausbesetzung in �Second Life� � eine lohnende Lektüre.

Was täten Krimifans ohne den Zürcher Diogenes Verlag! Raymond Chandler, Dashiell Hammett, Jim Thompson � den ganzen feinen Stoff findet man dort in preiswerten Taschenbuchausgaben. Wer auch in die Reihe der unverzichtbaren Klassiker gehört, ist Georges Simenon. Seit einiger Zeit schon bringen die Schweizer die legendären Maigret-Romane des Belgiers (1903 � 1989) neu heraus � jeden Monat vier Bände, bibliophil mit Lesebändchen und Karten ausgestattet. Alle 75 Romane (zwischen 160 und 190 Seiten, jeweils 9 Euro) erscheinen chronologisch und in revidierter Übersetzung.
Ernest Tidyman:
Shaft und die Geldwäscher
Bielefeld, Pendragon Verlag, 2009
223 Seiten, 9.90 Euro
Heinrich Steinfest:
Mariaschwarz.
München, Piper Verlag, 2008,
315 Seiten, 16.90 Euro
Nick Stone:
Der Totenmeister.
München, Goldmann Taschenbuchverlag, 2009,
632 Seiten, 9.95 Euro
Charles den Tex:
Die Zelle.
Dortmund, Grafit Verlag, 2009,
446 Seiten, 19.90 Euro
Georges Simenon:
75 Maigret-Romane.
Zürich, Pendragon Verlag, 2009
zwischen 160 und 190 Seiten, je 9.00 Euro