‚ Lemonhead' Lemansky (Kenneth Johnson).
vic-mackey.jpgIn den einzelnen Episoden wird von ihrem aussichtslosen Kampf gegen die Kriminalität erzählt. Dazu kommen zahlreiche episodenübergreifende Geschichten, deren komplexes Interagieren erst beim Zweiten Sehen (ohne Werbepausen, ohne siebentägige Unterbrechungen) wirklich erfasst wird. Denn Serienerfinder und Produzent Shawn Ryan (der vorher bei "Nash Bridges" und "Angel" mitarbeitete) und sein Team erzählen in jeder Folge gleichzeitig etwa fünf, sechs Geschichten. Einige werden in der Episode vollständig abgeschlossen. Aber die meisten werden über mehrere Folgen erzählt. So erhalten wir in der dritten Folge einen ersten Hinweis auf die Suche von Holland Wagenbach nach einem Serienkiller. In der sechsten Folge scheint er ihn fast verhaften zu können. Aber erst in der zehnten Folge kann er the-shield-double-portrait1ihn verhaften. Oder den über mehrere Folgen erzählte Kampf zwischen Vic Mackey und David Aceveda um die Aussage von Julien Lowe. Er beobachtete, wie Vic nach einer Razzia Drogen für den Drogenhändler Rondell einsteckte. Vic erpresst Lowe mit dessen homosexueller Beziehung zu dem Kleinkriminellen Tomas Motyashik (Brent Roam). Aber tut Vic dem Streifenpolizisten Julien Lowe nicht vielleicht sogar einen Gefallen, indem er ihn vor einer Beziehung zu der falschen Person bewahrt?
Dieser Beschützerinstinkt von Vic Mackey zeigt sich auch in seiner Beziehung zu der Prostituierten Connie Riesler (Jamie Brown). Mackey versucht ihr immer wieder zu helfen, – in der ersten Folge gibt er ihr Geld; in der sechsten Folge muss er sie verprügeln, um eine Mordanklage von ihr abzuwenden –, aber ihr weiteres Leben ist vorgezeichnet. Nur ihr Sohn Brian hält sie halbwegs auf der geraden Bahn. In der zehnten Episode, nach dem Tod ihrer Mutter, will sie mit Vic Mackeys Hilfe einen Kalten the-shield-DragonchasersEntzug machen. Denn nur wenn sie keine Drogen mehr nimmt, kann sie ihren Sohn behalten. Der Entzug wird dann genauso drastisch wie in "Trainspotting" gezeigt. Allerdings ohne den dortigen Humor. Aber die Drogen sind stärker. Connie taucht noch einmal auf der Polizeistation auf, um sich zu verabschieden. Nachdem wir vorher Connies erfolglosen Kampf gegen die Sucht mitverfolgten, müssen wir jetzt mit ansehen, wie sie sich von ihrem Baby – dem einzigen Menschen, der sie am Leben erhält – verabschiedet und in den sicheren, qualvollen Drogentod entschwebt. Die letzten Bilder gehören Curtis Lemansky, Vic Mackey und dem von ihm im Arm gehaltenen Brian Riesler. Das schreiende Baby streckt dabei hilfesuchend seine Arme nach seiner Mutter aus.
Ein heftiges Bild, das alle Erwartungen der Zuschauer enttäuscht. Denn hier hat sich der Kampf der Mutter nicht gelohnt und sie verlässt vor unseren Augen ihr Kind. Ähnlich heftig ist die Szene mit dem drogensüchtigen Vater in der letzten Folge. Für einen Schuss verrät er seinen eigenen Sohn an die Polizei und sieht nachher ungerührt zu, wie Vic Mackey seinen Sohn foltert.
Diese und ähnliche Szenen waren bis zum Start der ersten Staffel von "The Shield" am 12. März 2002 auf dem kleinen Sender FX so im Fernsehen noch nicht zu sehen gewesen. shield-pay-in-pain.jpgDie einzelnen Szenen verbinden sich dabei zu einem spannenden Blick in die innerstädtischen Kampfzonen. Insofern führt "The Shield" als Cop-Serie frühere Cop-Serien fort und bringt sie noch näher an die unschöne Wirklichkeit. Dazu tragen neben den einzelnen Geschichten die fantastischen Leistungen der Schauspieler und der Crew bei. Die Macher wünschten einen dokumentarischen Look, nahmen immer alles mit zwei Kameras (Steadycam und Handkamera) auf und gaben so den Schauspielern die Freiheit, einzelne Szenen einfach durchzuspielen. Das Ergebnis ist intensives, die Wirklichkeit in prägnanten Szenen und Bildern verdichtendes Fernsehen.
Allein schon die Qualität der Serie würde, wie bei der ersten Staffel der ebenso bahnbrechenden Serie "24", den Kauf der DVD-Box rechtfertigen.

Das Bonusmaterial
Aber Shawn Ryan verwöhnt uns mit einer satten Portion an exquisitem Bonusmaterial. Neben den üblichen Werbetrailern, einem über zwanzigminütigem Making-of und siebzehn entfallenen Szenen (immer eingeleitet Shawn Ryan) gibt es Ausschnitte aus den Casting-Tapes der Hauptrollen. Diese auf Video aufgenommenen Dokumentationen, zeigen wie schnell die einzelnen Darsteller ihren Figuren Konturen gaben.
Das Kernstück des Bonusmaterials sind bei "The Shield" allerdings die informativen Audiokommentare zu jeder Episode. Der Ausführende Produzent, Autor und Erfinder der Serie Shawn Ryan lud zu jeder Folge mehrere Beteiligte ein. Neben den Hauptdarstellern sind fast immer die beteiligten Drehbuchautoren, öfters die Regisseure und, für je eine Episode, die beiden Kameramänner und der Musikalische Leiter dabei.
Entsprechend breit und tief ist der in den Audiokommentaren gewährte Einblick in die verschiedenen Facetten der Produktion einer bahnbrechenden TV-Network-Serie. So erfahren wir aus den Gesprächen mit den verschiedenen Autoren, wie sie bei FX verschiedene Geschichten vorstellten, sich während des Schreibens auf die Länge der einzelnen Geschichten und über wie viele Folgen sie erzählt werden, was mit bestimmten Personen innerhalb der Staffel geschehen soll und wie sie schließlich den wirklichen Schurken der ersten Staffel fanden.
shield-all.jpgGleichzeitig wird immer wieder deutlich, wie sehr Filmemachen eine Gemeinschaftsarbeit ist, die nur funktioniert, wenn alle an einem Strang ziehen. Bei "The Shield" war das so. Und jetzt, nach dem Ende der ersten Staffel, sehen sie sich gemeinsam einzelne Folgen an, lachen, fallen sich ins Wort, sind immer noch überrascht von ihrem Erfolg und der Qualität ihrer Serie. Denn das schmale Budget und die Schnelligkeit des Drehs, normalerweise sieben Tage pro Folge, fallen bei "The Shield" nicht negativ, sondern positiv auf. Gerade so entstanden ungeschönte Außenaufnahmen. Im Hintergrund laufen oft normale Menschen herum, der Autoverkehr pausiert nicht und es wurden reale Ereignisse (beispielsweise der gefällte Baum in der ersten Episode) und Personen (beispielsweise der mit einem Megaphon predigende Mann, dessen Auftritt im ersten Schnitt der dritten Episode wesentlich länger war) mit aufgenommen.

Coda
Insgesamt ist "The Shield" eines der gelungenen Beispiele, wozu Qualitätsfernsehen heute in der Lage ist und weshalb immer mehr ausgezeichnete Autoren, Filmemacher und Schauspieler vom Kino zum Fernsehen gehen.
Künftige Polizeiserien werden an dem in "The Shield" gesetzten Standard im Hinblick auf das Erzählen von Geschichten, den Leistungen der Schauspieler und der hochdynamischen Kameraarbeit nicht vorbeikommen.
Und das ist gut so.


4 DVDs
Vertrieb: Sony Pictures

Freigabe: FSK 16
Bildformat: 1,78:1 anamorph
Länge: 577 Minuten
Tonformat:
Deutsch (Dolby Digital 2.0 Surround)
Englisch (Dolby Digital 2.0 Surround)
Italienisch (Dolby Digital 2.0 Surround)
Untertitel: Deutsch, Dänisch, Englisch, Finnisch,
Italienisch, Norwegisch, Schwedisch, Türkisch

Extras:
– Making of
– "The Shield" FX-Doku
– Casting Tapes
– Entfallene Szenen
– TV Spot
– Season One Epilog
– Audiokommentar zu

1) Der Verräter (Pilot)
Shawn Ryan (Ausführender Produzent)
Scott Brazil (Ausführender Koproduzent)
Clark Johnson (Regie)
Michael Chiklis (Det. Vic Mackey)

2) Der letzte Schuss (Our Gang)
Shawn Ryan (Ausführender Produzent)
Walton Goggins (Det. Shane Vendrell)
Benito Martinez (Cpt. David Aceveda)

3) Der Tag der Haftbefehle (The Spread)
Shawn Ryan (Ausführender Produzent)
Clark Johnson (Regie)
CCH Pounder (Det. Claudette Wyms)
Glen Mazzara (Drehbuch)

4) Rapper-Krieg (Dawg Days)
Shawn Ryan (Ausführender Produzent)
Michael Chiklis (Det. Vic Mackey)
Catherine Dent (Off. Danielle 'Danny' Sofer)
Kevin Arkadie (Drehbuch)

5) Ein aufrechter Cop (Blowback)
Michael Chiklis (Det. Vic Mackey)
Walton Goggins (Det. Shane Vendrell)
Kenneth Johnson (Det. Curtis 'Lemonhead' Lemansky)
Kurt Sutter (Drehbuch)

6) Kinderporno (Cherrypoppers)
Shawn Ryan (Ausführender Produzent)
Jay Karnes (Det. Holland 'Dutch' Wagenbach)
Scott Rosenbaum (Drehbuch)
DJ Caruso (Regie)

7) Tödlicher Hass (Pay in pain)
Shawn Ryan (Ausführender Produzent)
Rohn Schmidt (Kameramann)
Dean White (Koproduzent)
Bill Gierhart (Zweiter Kameramann)

8) Amor und Speed (Cupid and Psycho)
Glen Mazzara (Drehbuch)
Michael Chiklis (Det. Vic Mackey)
Walton Goggins (Det. Shane Vendrell)
Jay Karnes (Det. Holland 'Dutch' Wagenbach)
CCH Pounder (Det. Claudette Wyms)

9) Die Falle (Throwaway)
Shawn Ryan (Ausführender Produzent)
Kevin Arkadie (Drehbuch)
Evyen Klean (Musikalische Leitung)
Kenneth Johnson (Det. Curtis 'Lemonhead' Lemansky)

10) Der Held des Tages (Dragonchasers)
Shawn Ryan (Ausführender Produzent)
Catherine Dent (Off. Danielle 'Danny' Sofer)
Michael Jace (Off. Julien Lowe)
Scott Rosenbaum (Drehbuch)

11) Rondells Ende (Carnivores)
Shawn Ryan (Ausführender Produzent)
James Manos Jr. (Beratender Produzent)
Glenn Mazzara (Ausführender Redakteur)
Scott Rosenbaum (Drehbuch)
Kurt Sutter (Drehbuch)

12) Zwei Tage des Blutes (Two Days of Blood)
Shawn Ryan (Ausführender Produzent)
Cathy Cahlin Ryan (Corrine Mackey)
Michael Jace (Off. Julien Lowe)
Kurt Sutter (Drehbuch)
Guy Ferland (Regie)

13) Korruption (Circles)
Shawn Ryan (Drehbuch)
Scott Brazil (Regie)
Michael Chiklis (Det. Vic Mackey)
Benito Martinez (Cpt. David Aceveda)

Links:
Episodenliste mit Bildern
Episodenführer von Bjoern Luerßen
Pro 7 Darsteller
Serienjunkies Special
Filmfuchs.de
Wikipedia
fx-networks
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Erstellt am 30.09.2005




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Axel Bußmer
Axel Bußmer, Studium der Politologie, Philosophie und Soziologie in Konstanz, lebt derzeit in Berlin und arbeitet an verschiedenen Drehbuchprojekten (u. a. ein Gangsterthriller). Neben Noir-Krimis liebt er Jazz, über den er auch Artikel schreibt. Bei den Alligatorpapieren erscheinen regelmäßig seine TV-Krimi-Buch-Tipps.

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