Danny Hecker, Pate der so genannten Gelderland-Mafia, gelingt die spektakuläre Flucht aus dem Arnheimer Gefängnis. Zwei Wochen später wird ein Auto mit seiner Leiche aus dem Apeldoornkanal geborgen, neben ihm die Leiche einer unbekannten Frau. Als die Polizei das Foto der Toten im Fernsehen veröffentlicht, erkennt der Rechtsanwalt Fred Benter in ihr seine ehemalige Geliebte Ja�l Zamka.
Ein verwickelter Plot um eine ungeheure Verschwörung innerhalb des holländischen Polizei- und Justizapparats, der zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität einige Stufen der demokratischen Kultur ausschaltet und zur Selbstjustiz greift. Bei der ersten dieser Aktionen, dem Mord an Dany Hecker, einem der Bosse der Gelderländer Mafia, und dessen Geliebter Ja�l Zamka, unterläuft ihnen ein Fehler, den Rechtsanwalt Fred Benter, der Ex-Freund Zamkas, bei einer illegalten Untesuchung des Autowracks entdeckt. Die Polizistin Yvon Matiber, die nicht nur beruflich an Benter interessiert ist, ermittelt nun gegen die Anweisung ihres Vorgesetzten in diesem Fall und zusammen mit Benter und dem Journalisten Donald de Wacht, der aus der Zeitung von den Vorfällen erfahren und ebenfalls seine Zweifel hat, versuchen sie die Hintergründe des Komplotts aufzudecken, das sich gegen die Gelderländer Mafia richtet und im Verlauf des Geschehens auch zur tödlichen Gefahr für die drei wird.
Durchaus faktenreich und detailliert schildert Jac.Toes den Polizeialltag der Niederlande, die Bürokratisierung, die ständigen organisatorischen Verschlimmbesserungen und den Widerspruch zwischen öffentlicher Verlautbarung und Einsparungsmaßnahmen im Innern. Dabei tut er öfter etwas zuviel des Guten und der etwas hölzerne Stil wird auch durch zusätzliche Satzteile nicht flüssiger. Da rutscht jemand nicht einfach vom Barhocker, sondern tut es mit einem Hüftschwung, zu den zahlreichen im Roman getrunkenen Cocktails gibt es ausführliche Inhaltsangaben und in einigen Fußnoten weist Jac.Toes seine ausgiebige Recherchearbeit nach. Hundert Seiten weniger hätten dem 340-seitigen Roman gut getan, den eigentlich spannenden Plot gestrafft und dem etwas handwerklich wirkenden Stil etwas mehr Feinschliff gegeben. Dennoch, mit "Tief gesunken" gelingt Jac.Toes ein solider Krimi, dessen Auflösung überrascht. Der interessante Plot und die subtiler als alles andere im Roman angedeutete Verschiebung des Gut/Böse-Schemas und die durch die Romanfiguren ständig neu zu justierende Moral macht, (mit Mut zur Kürze), auf weitere, größere Entwürfe Jac.Toes' neugierig.
Neil Quiller ist als Pilot der Royal Air Force 1941 in Malaya stationiert, nahe dem von Japan besetzten Thailand. Über dem Dschungel abgeschossen, erreicht er Sumatra. Die Weiterreise scheint unmöglich. Doch Quiller will um jeden Preis zurück nach Australien.
Es gibt verschiedene Arten Kriminalliteratur zu schreiben. Manche Autoren schreiben bewußt Krimis, andere "eigentlich" keine Krimis, will heißen, das Genre soll nur als Gerüst dienen. Andere haben sich von der Gattung entfernt, zeitweise oder gänzlich. Manche nutzen das Genre, weil der Stoff keine andere Wahl zuließ und dann gibt es jemanden wie Garry Disher, der nicht nur ein Krimigenre bedient, sondern so voller Geschichten ist, daß er sich überall herumtummelt.
Er schreibt Kinderbücher,seine Wyatt-Reihe lassen sich den Noir-Krimis zuordnen und mit dem "Drachenmann" könnte er eine Polizeiwachenserie etablieren.
Auf "Hinter den Inseln" hinwieder trifft der Ausdruck "Spannungsliteratur", "Abenteuer", oder auch "Entwicklungsroman". Aber das ist müßig. Es ist ein Roman über Heimatlosigkeit und Rassismus, Liebe, Verrat, Krieg und Kolonialismus, der trotz ungeschminktem Realismus hohe Schmökerqualität besitzt. Und obwohl keine Nation besonders gut weg kommt in Dishers Schilderungen, arbeitet er die holländische Arroganz der Kolonialzeit besonders einprägsam heraus und schildert den Zweiten Weltkrieg endlich mal aus einer Sicht, die dem europäisch dominierten Geschichtsbild eine beeindruckende südostasiatische Variante beimischt. Und das alles, ohne die moralische Keule vom schrecklichen Krieg zu schwingen, wenn auch Neil Quiller viel vom guten Menschen in sich trägt.
Steve Edmond hatte mehr als fünf Jahre vergeblich versucht, das Verschwinden seines Enkels Rick in Bosnien aufzuklären. Nun hat er jemanden gefunden, der diese Aufgabe lösen wird. Der Gejagte ist der Balkan-Kriegsverbrecher und Großkriminelle Zoran Zilic aus dem Milosevic-Umfeld. Während er die Unterstützung von Terrornetzwerken, südamerikanischen Diktaturen und westlichen Geheimdiensten genießt, ist Cal Dexter, der Jäger und ehemalige Vietnamkämpfer "Der Maulwurf", auf sich allein gestellt.
Frederick Forsyths Roman "Der Rächer" fasst brisante Themen wie Bosnienkrieg und Terrorismus auf, lässt sie halbherzig fallen und scheitert letztendlich an seiner gesamten Konstruktion. Forsyth gehört zu den Autoren, für die ein akribische Recherche zu den wichtigsten Grundlagen ihrer Arbeit gehören, was zu den Marotten führte, daß zum Beispiel der in einem Roman erwähnte Briefkasten auch in Wirklichkeit genau an der beschriebenen Stelle zu finden war. Doch immer mehr entfernt sich bei Forsyth die Recherche fort von einer Grundlage der Arbeit und gerät zum Selbstzweck. "Der Rächer" strotzt vor überflüssigen Wissen, das weder die Geschichte vorantreibt, noch etwas zur Charakteristik oder Handlungserklärung beiträgt; Behauptung ersetzt Beschreibung, Figuren erklären sich nicht durch ihr Handeln, sondern durch ihre Biographie. Forsyth ist in allen Romanen, die nicht den kalten Krieg, sondern aktuellen Terror beschreiben, das literarische Gegenstück zu Peter Scholl-Latour, der alternde Besserwisser, der die Welt erklärt, ein verhinderter Politiker, dem die Literatur zur Standpunktbestimmung dient. Ein Roman als Polemik, als konservative Erklärung von Welt, Terrorismus und Glaubenskrieg, ein routiniert geschriebenes, exakt auf den internationalen Markt kalkuliertes Textwerk, das in einem unglaubwürdigen Rambocrescendo den heroischen Kampf eines Einzelkämpfers besingt. Ärgerlicher war Spannungsliteratur selten.
Sie heißt Lenina Rabe. Ihr Vater wurde tot aus dem Hafenbecken gezuogen. Ein Unfall behauptet die Hamburger Polizei. Lenina glaubt nicht daran und übernimmt sein Detektivbüro. Ihre Ermittlungen führen sie in einen Sumpf aus Gewalt und politischer Korruption. Denn ihr Vater, ein alter Revoluzzer und Straßenkämpfer, soll gute Kontakte zur D.P.O., der neugegründeten »Deutschen Partei für die Ordnung« gehabt haben.
Es fängt alles recht ausgewogen zwischen Lockerheit und Hintergrund an, so daß zu hoffen war, eine gut gezeichnete, widersprüchliche Heldin wäre in die Hamburger Hafenkulisse getreten und hätte einen politischen Wirtschaftskrimi zu lösen. Aber spätestens nach einem Drittel des Buches fällt die Geschichte (nicht die Figur Lenina) ineinander, bzw. alles ufert ein wenig übertrieben aus: eine Prise linke Romantik, angereichert mit Lokalgeographie und Szenejargon, fertig ist der actionreiche, regionale, satirische Szenekrimi, der die Schillpartei und ihre Verbindungen clownesk entlarvt. Das ist zwar flott geschrieben, leicht zu lesen und als Zeitvertreib eine nette Abwechslung, aber auch zu sehr das, was man den meisten Regionalkrimis vorzuwerfen hat - eine gewisse Seichtigkeit im Thema und ein bißchen zu sehr auf den Applaus hingeschrieben.
Nicht, daß Robert Brack, das nicht gewußt, oder eventuell nicht gewollt hätte: wer, wie in einem Interview mit der "Hamburger Morgenpost" geschehen, grinst und sagt: "Natürlich habe ich die Geschichte ziemlich auf die Spitze getrieben", ... "Das Buch ist eben - unter anderem - ein linker Agit-Prop-Roman.", der nimmt dem Rezensenten eine Menge Wind aus den Segeln. Wer zudem weiß, wie gut Brack schreiben kann, der wünscht sich, weil die Figur Lenina Rabe geradezu danach schreit, eine Fortsetzung, eine "Lenina-Serie".
Die kann dann meinetwegen ein wenig auf die Spitze getrieben sein und auch mit dem Genre spielen, aber, auch wenn es dem Autor ein wenig den Spaß nehmen könnte: Herr Brack sollte die Geschichte und die "Feinde" dann doch ein wenig ernster fassen, ohne an Leichtigkeit zu verlieren - Kultcharakter hat Lenina nämlich jetzt schon.
In einer scheinbar intakten Familie geschieht ein Mord, der die Fassade, hinter der sich die Familienmitglieder verborgen haben, sprengt. Jan, der siebzehnjährige Sohn aus dieser Familie, und sein Freund René stellen sich der anhaltenden Bedrohung und geraten auf einen Trip von "sex and crime".
Gemächlich nimmt die Geschichte Fahrt auf, Jan und René, zwei Jugendliche aus "höheren" Stuttgarter Familien wollen in die Disco, aber dazu kommt es an diesem Abend nicht mehr: Jans Vater, Stuttgarter Unternehmer, liegt erstochen in der Garagenauffahrt und, wie der Klappentext schon andeutet, eine scheinbar intakte Familie erweist sich als Brutstätte erotischer und finanzieller Skandale. Der Vater hatte seinen Sohn zu homosexuellen Videoaufnahmen verführt, in denen sowohl der Vater, als auch Erdal, der türkische Chauffeur zu extremen Stellungen neigen. Der Chauffeur ist zudem Liebhaber der Ehefrau und Jan ist, scheinbar, nicht einmal schwul. René, obwohl mit penetranter Fürsorge Jan gegenüber und einer ausgeprägten Paranoia ausgestattet, wohl auch nicht, dafür aber fest entschlossen, den Mörder zu entlarven, der, obwohl mit handfesten Motiven ausgestattet, Jan nicht sein kann. Da passt einiges nicht so ganz zusammen im Charakterbild der Jugendlichen und auch in der Geschichte, und obwohl es im weiteren Verlauf zu heftigen Kopulationen mit zwei Mädchen kommt, schwebt über allem eine rätselhafte homoerotische Spannung, die dann auch noch durch die Kommentare des später eingeführten coolen Freundes von Renés Vater, einem Rechtsanwalt verstärkt werden. Ein Puzzle des Unentschlossenen, des Zuviel und Zuwenig, dem ständig neue Teile hinzugefügt werden: alle sind erst einmal verdächtig, dann kommen noch Attacken von Skinheads gegen den "schwulen" Jan hinzu, Dr. Seiler, eventueller neuer Chef des Unternehmens gerät ins Visier der Amateurdetektive, mal plätschert es dahin, mal eskaliert es, es gibt viel Sex gutaussehender junger Menschen und eine mehr berichtete, als geschaffene latente Bedrohung, zwischendurch Kommentare des Rechtsanwaltes und nach 290 Seiten auch einen, wie zu erwarten war, eigentlich durchgeknallten Täter mit eindeutigen Motiven und die Frage, was eigentlich geschehen ist und was das alles sollte auf den vorhergehenden Seiten. Ein Untergenre der Andeutungen, des Vielleicht und Wahrscheinlich, im wilden, paranoiden Leben der Jugend aus den Villenvierteln im Blickfeld der Gewalt? Der Rezensent bleibt ratlos und ermüdet zurück ...
Plotpourri. Lichtblaus Notizen zu Krimis
Ein Service der Alligatorpapiere.
Zusammengestellt und gestaltet von
Alfred Miersch
NordPark Verlag
Klingelholl 53
42281 Wuppertal
Tel.: 0202/51 10 89
Kontakt