Die Alligatorpapiere.

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Interview:
Christina Bacher und die Krimi-Nanas

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"Frauen töten zweckmässiger"

Ein Interview von Christina Bacher mit Pascale Fonteneau, Sylvie Granotier und Chantal Pelletier.


Wer sind die "Krimi-Nanas"?
Pascale: Erstmal ist das eine recht absurde Wort-Kreation aus dem deutschen Wort "Krimi" und dem französischen "Nana" für Frau.
Chantal: Dahinter steckt eine spielerische Idee, neben unseren offensichtlich sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten, die Gemeinsamkeiten als Autorinnen hervorzuheben.
Sylvie: Und letztendlich sind wir alle drei schon seit langer Zeit befreundet.

Was vereint Euch denn zum Beispiel?
Pascale FonteneauChantal: Zunächst sind wir in der Tat weiblich, Schriftstellerinnen und Französinnen. Nicht nur, daß wir uns alle —neben anderen Projekten- dem Genre des "neo polar" verschrieben haben, wir haben zudem sowohl in Frankreich als auch in Deutschland die gleichen Verleger für unsere Kriminalromane.

Einige Eurer Krimis aus der Serie noire bei Gallimard sind in diesem Jahr erstmals in deutscher Sprache bei Distelliteratur erschienen. Seit wann weht denn in Frankreich der weibliche Wind im Krimigenre, speziell im sozialkritischen Lager?
Pascale: Im Jahre 1993 wurde mein erster Krimi in der Serie noire veröffentlicht, damals war ich erst die dritte Frau, die es schaffte, in die männliche Autorenriege vorzudringen.
Sylvie: Für mich war dann einige Jahre später die Bahn schon geebnet, so kann ich nicht sagen, daß es schwierig war, in dem Genre Fuß zu fassen.
Chantal Pelletier Chantal: Aber ganz klar: Der Neo Polar war immer schon geprägt von männlichen Autoren und somit auch von männlichen Machtphantasien und Motiven wie Verfolgungsjagden, viel Blut, Alkohol und Frauen. Das ändert sich heute zum Glück.

Wie kam es, daß ihr Euch — eine Journalistin, ein Model und eine Psychologin — auf das Schreiben von Kriminalliteratur verlegt habt?
Pascale: Wir machen ja noch diverse andere Dinge im Leben. Aber die Serie noire zieht sich tatsächlich wie ein roter Faden durch mein bisheriges Leben: Die Bücher standen bei meinen Eltern im Regal, so habe ich diese schon als Jugendliche verschlungen. Neben Karl May, versteht sich.
Sylvie: Bei uns zu Hause war diese Art von Literatur undenkbar. Erst als ich nach dem Studium in die USA bin und meine Sprachkenntnisse anfangs noch nicht für Faulkner ausreichten, begann ich Chandler zu lesen. Und bin dabei geblieben.
Chantal: Jean-Bernard Pouy hatte mich dazu aufgefordert, einen Neo Polar zu schreiben. Zunächst war das für mich fremdes Terrain. Dieses erarbeitete ich mir wirklich erst beim Schreiben und bekam Vergnügen an dieser Art von Literatur.

Jean-Bernard Pouy war ja für Euch alle ein wichtiger Mensch auf dem Weg zum Kriminalroman. Könntet Ihr Euch vorstellen, wie er mit einigen anderen, einmal gemeinsam einen Polar zu verfassen?
Chantal: Wieso nicht? Was uns allen dreien Spaß macht, ist das Spiel mit der Sprache, mit Perspektiven und Motiven. Unter diesem Aspekt könnte ich mir ein solches Projekt gut vorstellen.
Pascale: Natürlich sprechen wir sehr häufig darüber, was uns verbindet und vereint. Als 'Minderheit' in einem männerdominierten Genre stoßen wir immer mal wieder Projekte an, die unseren Zusammenhalt stärken.

Sylvie GranotierSylvie: Etwas Vergleichbares gab es ja schon. Wir alle drei waren beteiligt an der Pulp-Reihe, die zwar aus verschiedenen Romanen unterschiedlicher Autoren bestand, aber immer die gleichen Figuren aufzuweisen hatte.

An die "Krimi-Nanas" noch eine althergebrachte Frage zur Güte: Morden Frauen anders — auf Papier?
Chantal: Ich kann immer wieder feststellen, daß uns 'Schreibtischmörderinnen' im Gegensatz zu vielen männlichen Kollegen, die sich auch mit der Beschreibung gesellschaftlicher und sozialer Zustände im heutigen Frankreich auseinandersetzen, eine spezielle Portion Schwarzer Humor und Ironie verbindet.
Pascale: Unser Verleger Patrick Raynal hat einmal gesagt, wenn Frauen töten, dann dient es immer einem Zweck. Das finde ich gut: Frauen töten zweckmäßiger.
Sylvie: Genau, deshalb sind sie auch selten Serienkillerinnen und Terrorattentäterinnen. Eher Autorinnen. Und das ist weniger gefährlich.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Christina BacherChristina Bacher
Mediakontakt Laumer

Porträts der Autorinnen bei "Kaliber.38"






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