Gisela Lehmer-Kerklohs
KrimiKurier No.11



Die Alligatorpapiere

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Die Autorin:
Gisela Lehmer-Kerkloh rezensiert Kriminalliteratur. Sie ist Mitglied bei den Sisters in Crime sowie bei der GVM (Genootschap van Vlaamse Misdaadauteurs) und AIEP und Amiga im SYNDIKAT









KrimiKurier No.11
Sommer 2004




"Niemand weiß, dass ich eigentlich eine Frau bin", sagte Thorsten.
"Eine Frau?" Ich habe ihn seit zehn Jahren nicht mehr gesehen.

(Gunter Gerlach, Irgendwo in Hamburg).




Liebe Leser, Bekannte und Freunde,
Der Kulturpreis des Hochsauerlandkreises wird 2005 für den besten Kurzkrimi vergeben. Nähere Informationen zu dem mit 5.000 Euro dotierten Preises unter (www.hochsauerlandkreis.de) . Unter www.alligatorpapiere.de/befragung.html antworten viele deutsche und internationale Krimiautoren auf einen von Thomas Przybilka und mir erdachten Fragebogen. Einen sonnigen Sommer wünscht Gisela Lehmer-Kerkloh


ÖKOTHRILLER

Frank Schätzing:
Der Schwarm
Roman.
Köln: Kiepenheuer & Witsch 2004.
S. 1001, Kart., € 22,50;
.
schaetzing-derschwrm Vier Jahre, nachdem Schätzing mit beachtlichem Erfolg den Politthriller "Lautlos" vorgelegt hat, hat er erneut ein Mammutprojekt zum Abschluss gebracht. In der Schwarm greifen unbekannte intelligente Wesen aus der Tiefsee die menschliche Existenz an. Zunächst verschwinden, nahezu unbeachtet, einige Fischer vor der Küste Perus, dann greifen Wale vor der amerikanischen/kanadischen Westküste Boote an und versenken sie. Das Unglück nimmt weiter seinen Lauf, der Nordseeschelf vor Norwegen und die Ostküste Amerikas werden bedroht. Schließlich sammelt sich auf einem Flugzeugträger unter der Führung der USA eine Crew internationaler Wissenschaftler wie der norwegische Biologe Sigur Johanson, ein teuerem französischen Rotweinen zugeneigter Schöngeist, und der indianische Walforscher Leon Anawak um mit den "Innerirdischen" Kontakt aufzunehmen.
Schätzing überzeugt erneut in einem Metier, das ansonsten eine Domäne angelsächsischer Autoren ist. Faszinierend wie Schätzing auf gesicherter wissenschaftlicher Grundlage einen Science Fiction Thriller geschrieben hat. Lediglich die Innerirdischen sind Erfindung, der Rest könnte sich so abspielen oder hat sich in der Frühgeschichte der Erde so abgespielt. An der Person Leon Anawaks, des Indianers, der erst im Laufe des Buches die Verbindung zu seinem Stamm und damit zu einem Leben im Einklang mit der Natur zurückfindet, zeigt Schätzing die Problematik auch am "Einzelfall" auf. Der Mensch kennt die Tiefsee kaum, belastet diese aber mit Umweltgiften. Bezüge zur Realität werden durch die Person der amerikanischen Generalin Judith Li, Erfolgs- und Powerfrau mit besten Kontakten zum Präsidenten, deutlich hergestellt – erinnert sie nicht an eine Mischung aus Condoleeza Rice und Donald Rumsfeld. Einzig am Ende des Buches wird Schätzing zu getragen und der Leser möchte die letzten 30 Seiten lieber quer lesen. So stoppt die Seitenzählung denn auch dezent bei 997 – aber vorher gibt fast 960 Seiten Spannung. Das können nicht viele Bücher für sich geltend machen.

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ARSCHGHANISTAN

Horst Eckert:
Purpurland
Dortmund: Grafit 2003.
Kart., S. 280, 9.40 €

eckert-purpurland Felix May hat als Angehöriger eines Sondereinsatzkommandos (SEK) einen Lebensmüden erschossen. Als sich die Dinge kein halbes Jahr später scheinbar wiederholen, sein Kollege bei einem gemeinsamen Einsatz einen vermeintlichen Täter erschießt und danach Selbstmord begeht, entschließt sich May dem SEK Adieu zu sagen und fortan in einem Einsatztrupp seinen Dienst zu verrichten. So kommt er in die Soko, die den Mord an Julia Sander, einer bildhübschen Schauspielerschülerin aufklären soll. Julia wurde auf grausame Weise verstümmelt. Während Ela Bach, die Leitern der KK 11 an einen Serientäter glaubt, ermittelt May im Umfeld des Opfers. Durch den Ehemann des Opfers, den KSK-Soldaten Tim Sander, der in Afghanistan kämpft, erhält das Buch einen brisanten politischen Rahmen.
Horst Eckert, Glauserpreisträger und Sprecher des Syndikats (Vereinigung der deutschsprachigen Krimiautoren), gehört zweifellos zu den bekanntesten und fähigsten Autoren des "police procedurals" in Deutschland. Seine Bücher bestechen durch profunde Kenntnis des Polizeialltages und der polizeilichen Ermittlungsarbeit. Eckert zeigt das der tägliche Umgang mit dem Verbrechen eine permanente charakterliche Herausforderung für die Polizisten ist. Die Ermittlungen führen über viele Irrwege nicht immer zu einer eindeutigen Aufklärung des Verbrechens. (Annas Erbe, Grafit 1995; Bittere Delikatessen, Grafit 1996; Aufgeputscht, Grafit 1997; Finstere Seelen, Grafit 1999; Die Zwillingsfalle, Grafit 2000; Ausgezählt, Grafit 2002) Die Befragungen mit Horst Eckert siehe hier .
(Bestellen bei Missing Link)


STADTPARANOIA IN HAMBURG

Gunter Gerlach:
Irgendwo in Hamburg.
Hamburg: Rotbuch Verlag 2004.
Kart., S. 264, 9,90 €
.
gerlach-irgendwoinhamburg.JPG Gelegenheitseinbrecher und Schriftsteller Jakob Vogelwart ("Ich lebe noch, es geht mir gut", Rotbuch 2001; "Falsche Flensburger", Rotbuch 2000) zieht auf der Suche nach seinem sehr seltsam gewordenen Freund Thorsten in dessen Wohnung, in einem noch seltsameren Mietshaus Irgendwo in Hamburg ein. Hier leben ausschließlich Menschen, die durch eine dunkele Vergangenheit an das "Mörderhaus" gekettet sind. Sofort verliebt sich der selbst mit vielen Macken belastete Anti-Held in die geistig verwirrte Helen und taucht bei ihrem Befreiungsversuch immer tiefer in die paranoide Welt des Mietshauses ein.
Gunter Gerlach ist es brillant gelungen, den Wahnsinn der modernen Welt in seinen grotesken Figuren in einem Hamburger Mietshaus zu bündeln. Er ist der Erfinder des allergiekranken Privatdetektivs Bartzsch. Für das im Rahmen der Die Allergie-Trilogie (Rotbuch) erschienene Kortison erhielt er 1995 den Deutschen Krimipreis, 1999 war er der Krimistadtschreiber von Flensburg, 2003 erhielt er den Friedrich-Glauser Preis für die beste Kurzgeschichte. Gunter Gerlach ist Mitbegründer des Hamburger Dogmas ( www.hamburger-dogma.de ), das Regeln zum richtigen Schreiben von Büchern beinhaltet.

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ENGLAND IN DEN VIERZIGER JAHREN:

Peter Robinson:
In einem heißen Sommer.
(In a Dry Season, Ü: Andrea Fischer)
München: Ullstein 2003
Kart., S. 495, Euro 8,95 €
.
peter-robinson-in-einem-heissen-sommer.jpg "In einem heißen Sommer" trocknet ein Stausee, der kurz nach Kriegende das kleine Dorf Hobb`s End in Yorkshire überflutete, vollkommen aus. Ein Junge findet beim Spielen in den Häuserruinen ein Skelett. Es handelt sich um eine junge Frau, die vor vierzig Jahren brutal ermordet und unter dem Fußboden verscharrt wurde. Robinsons Serienheld Inspector Alan Banks, wie immer im Streit mit seinem Vorgesetzten, wird zur Klärung der Lage nach Yorkshire abkommandiert. Was wie uninteressante Fleißarbeit aussieht, entwickelt sich rasch zu einem medienwirksamen Fall, als Banks die Geschichte des zu Kriegszeiten zur Farmarbeit nach Hobb`s End verschickten Landmädchens Gloria mit Hilfe noch lebender Zeitzeugen zu recherchieren beginnt.
Erzählt wird auf zwei Ebenen: während Banks mühsam Informationen zusammenträgt, erfährt der Leser die Geschehnisse aus den schriftlichen Erinnerungen einer früheren Dorfbewohnerin. Die beiden Handlungsstränge finden zusammen als Banks die wahre Identität der Autorin und deren enge Beziehung zur Toten aufdeckt und in den schriftlichen Erinnerungen einige Ungereimtheiten feststellt.
Seit Inspector Alan Banks ersten Auftreten 1987 erscheinen bislang weitere 13 Bücher mit ihm. Peter Robinsons Kriminalromane und Kurzkrimis werden u.a. mit dem Arthur Ellis Award, Edgar Award, Macavity Award, Martin Beck Award, Le Grand Prix de Littèrature Policière ausgezeichnet. Auch Peter Robinson hat "Die Befragungen" beantwortet, siehe www.alligatorpapiere.de .

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KALLE POHL LIEST

Ralf Kramp:
Spinner
Hillesheim: KBV Verlag, 2004.
Regie: Volker Maria Neumann. 3 CD`s, 210 Minuten, Euro 19.90 €
.
kramp-spinner Herbie Feldmann, bekannt als "schräger Ermittler" und "liebenswerter Spinner" (Spinner, KBV 1997; Rabenschwarz, KBV 1998; Der neunte Tod, KBV 1999; Malerische Morde, KBV 2002; Hart an der Grenze, KBV 2003), ist diesmal einem altmodischen Serienmörder auf der Spur. Unterstützt wird er wie immer durch seinen unmöglichen, fetten und zum Glück unsichtbaren Begleiter Julius. Mit Kalle Pohl (u.a. "7 Tage – 7 Köpfe") als Erzähler und als Herbie Feldmann und der sonoren Stimme von Jürg Löw als Julius ein ungewöhnlicher Hörgenuss.

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GEGEN DIE MAFIA

Marshall Browne:
Die Witwe des Richters
(The Wooden Leg of Inspector Anders 1999; Ü: Anneli von Könemann)
Frankfurt: Scherz TB/S. Fischer Verlag 2004
Kart., S. 221, 7,90 €
.
browne-diewitwedesrichters.jpg Aus Rom wird Inspector Anders in eine süditalienische Kleinstadt entsendet, um über ein Bombenattentat an dem römischen Richter De Angelius einen Bericht zu fertigen. Der Richter sollte den Mord an einen anderen Richter untersuchen, der in einem mysteriösen Versicherungsskandal ermittelte. Inspector Anders, im Kampf gegen die Roten Brigaden als Held gefeiert, bis er einen Fuß verlor, sehnt sich nur noch nach seiner kurz bevorstehende Pensionierung. Er beabsichtigt einen formalen, allen Parteien genehmen Bericht zu schreiben und bald nach Rom zurückzukehren. Doch als er die Witwe des ermordeten Richters kennen lernt, kehrt sein alter Kampfgeist zurück. Er plant den großen Coup für den Tag des Zusammentreffens der ehrenwerten Gesellschaft.
Browne vermag es hervorragend die mafiösen Verwicklungen von Politik, Kirche und Polizei darzustellen. Die Personen sind sehr realistisch beschrieben, die Stimmung aus Angst und Auflehnung gut getroffen. Marshall Browne gehört zu den neuen australischen Krimiautoren. "Die Witwe des Richters" erhielt von der Crime Writer Association of Austria den "Ned Kelly Award 2000".
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LÜGEN HABEN KURZE BEINE

Martin Suter:
Lila, Lila.
Zürich: Diogenes Verlag 2004.
Geb., S. 340, 21.90 €
.
martin-suter-lila-lila.jpg David ist Kellner in einer Inkneipe und will von dem hippen Publikum als seinesgleichen anerkannt werden. Er verliebt sich in die junge, selbstbewusste Marie, einen Neuzugang in der Fangruppe um einen Schriftsteller, die David aber nicht weiter zur Kenntnis nimmt. Dann findet David in der Schublade eines Tisches, den er second hand gekauft hat, ein Romanmanuskript aus den 50er Jahren. Es geht um die tragische Liebesgeschichte zwischen der 16 jährigen Sophie und einem jungen Mann, der sich aus Liebeskummer das Leben nehmen will. Um sich vor Marie interessant zu machen, gibt sich David als Autor der nostalgischen Liebesgeschichte "Lila, Lila aus". Als Marie das Manuskript ohne Davids Wissen an einen Verlag sendet, bringt sie eine Lawine ins Rollen: "Lila, Lila" wird zum Bestseller und David in die ungeliebte Rolle des ungewöhnlichen, introvertierten Jungautors gedrängt. Plötzlich taucht Jacky, ein Edelpenner, auf und erpresst David, indem er behauptet, das Stück geschrieben zu haben. Gut erzähltes, spannendes Buch um den Schneeballeffekt einer kleiner Lüge und die Fallstricke des Literaturbetriebs.

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ZEITGEISTPARODIE

Jochen Senf
Willkommen in Singletown. Ein Bruno Paul Roman.
Berlin berlin.krimi.verlag 2002
Kart., S. 255, 9.90 €
.
senf-willkommeninsingletown Gelungene Zeitgeistparodie bei der allein der unzeitgemäße Protagonist, Rechtsanwalt Bruno Paul "klein, dick, hässlich, Glatze, langer Mantel. Erscheinung insgesamt etwas ungepflegt" mit "vor Vernunft verrückt zu sein" bestehen kann. Am Tage der offiziellen Testamentsvollstreckung wird Bruno Pauls Mandantin, die Gräfin von Staiynhuhn, mit mehreren Plastiktüten erstickt. Bruno findet die Leiche und wird in ein für den Leser höchst unterhaltsames Drama um eine riesige Erbschaft versetzt.
Jochen Senf zeichnet ein ironisch absurdes Bild der modernen Lifestyle Gesellschaft. So gibt es den hochbezahlten Aktionskünstler der aufblasbare Puppen zerstümmelt, die rollschuhlaufende junge Unbekannte, das ungeliebte, uneheliche Kind und die abartige Chefpsychoanalytikerin des egomanischen Vergnügungsparadieses "Singletown". Trotz all der ins absurdum getriebenen Figuren ist der Plot stimmig und nachvollziehbar.
Willkommen in Singletown ist der 2. Krimi um Rechtsanwalt Bruno Paul nach Bruno geht zu Fuß, Jochen Senf, der als Tatort-Kommissar Max Palü kocht und ermittelt.
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SEHNSUCHT NACH DEM ANDERSWO

Hans Stempel, Martin Ripkens (Hg.)
Sehnsucht nach dem Anderswo. Reisegedichte.
Zürich-Hamburg Arche Verlag 2004
Geb., S. 144, 16,00 €
.
SEHNSUCHT NACH DEM ANDERSWO.jpg Sommerzeit – Reisezeit; auf das Beste begleitet durch 100 lyrische Ausflüge bekannter und weniger bekannter deutschsprachiger Dichter und Dichterinnen, die von Fernweh und Heimweh, von Aufbruch und Zurückkommen träumen lassen.
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Copyright: © Dr. Gisela Lehmer-Kerkloh, Juni 2004.

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Tel: 0228 - 24 21 383
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Auch wichtige Sekundärliteratur zur Kriminalliteratur besorgt die Buchhandlung Missing Link. Entsprechende Hinweise finden sich z.B. bei den Alligatorpapieren Krimi-Tipp Sekundärliteratur , oder den "Krimi-Tipp" direkt anfordern unter e-mail: [email protected]

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