Krimi-Report No. 22 Krimi-Report
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Die Alligatorpapiere


Tony Hillerman

»Die Nacht der Skinwalkers«
vorgestellt von Stefan Lichtblau

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Der Autor:
Tony Hillerman
Tony Hillermanwurde 1925 als Sohn eines Farmers in Oklahoma geboren und besuchte acht Jahre lang als Tagesschüler ein Internat für Indianer. Neben seinen Tätigkeiten als Journalist und Dozent an der University of New Mexico begann er Ende der sechziger Jahre kriminalromane zu schreiben. Für seine Ethnothriller um die Navajo-Cops Jim Chee und Joe leaphorn erhielt er von der Vewreinigung der amerikanischen Krimi-Autoren den Edgar Allan Poe Award und den Grandmaster Award. Hillermans Romane wurden in siebzehn Sprachen übersetzt. Der sechsfache Vater lebt mit seiner Frau in Albuquerque, New Mexico

Der Rezensent:
Stefan Lichtblau
ist Gründungsmitglied der "Alligatorpapiere" und träumt immer noch davon, schriftstellerisch schreiben zu können. Bis dahin betätigt er sich als Rezensent von Spannungsliteratur und als Suchmaschine für die Nachrichtenseite der Alligatorpapiere.

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Einen Racheakt vermutet Leutenant Joe Leaphorn von der Navajo Tribal Police, als auf seinen jungen Kollegen Jim Chee ein Mordanschlag verübt wird. Es sieht so aus, als stecke derselbe Täter dahinter, der schon zuvor drei Morde begangen hat. Doch das ist eigentlich unmöglich, weil die Entfernungen zwischen den Tatorten zu groß sind. Es sei denn, der Mörder ist ein Skinwalker. Denn Skinwalker können fliegen ...

Alles ist miteinander verbunden. Und die Navajos wissen, dass der Kojote immer dort draussen lauert, ein Stück weiter, als das Auge reicht, und dass er immer hungrig ist. Die Angst vor diesem Kojoten, vermutet Officer Jim Chee, hat die Katze in dieser Nacht veranlasst, durch die Klappe in seinen Wohnwagen zu fliehen. Darüber denkt er nach, als er, aufgeweckt durch die Katze, ins Dunkle starrt. Und über seine Freundin Mary Langdon, und die Verhaftung eines Verdächtigen am nächsten Morgen, wegen eines Tötungsdeliktes, vielleicht sogar Mord. Und dann sieht er plötzlich den Schatten und dann: »Das gleißende Licht und der Knall waren eins. Ein weißgelber Blitz, der sich tief in Chees Pupillen brannte. Und ein schriller Schall, der bis ins Trommelfell drang und dort widerhallte. Und dann noch einmal. Und wieder. Instinktiv hatte Chee sich auf den Boden geworfen. Er spürte die Krallen der Katze, als sie in panischem Schrecken über seinen Rücken zur Türklappe flüchtete.«
Eine Schrotladung durchschlägt den Wohnwagen und das Kopfteil seines Bettes, das er verlassen hatte, um nach der Katze zu sehen. Aber wer hat einen Grund, Jim Chee umzubringen?
Alles ist miteinander verbunden. Kunstvoll und routiniert verwebt Hillerman die Handlungsstränge um Officer Jim Chee und Lieutenant Joe Leaphorn von der Navajo Tribal Police, die nun einen Täter suchen, der zuvor schon drei Morde begangen hat. In Chees Wohnwagen und in den Wunden der Ermordeten wird jeweils ein winziges Knochenkügelchen gefunden, ein Zeichen, dass Zauberei im Spiel zu sein scheint, denn mit einem Stückchen Menschenknochen tötet man Zauberer. »Denn das Unheil, das es zu bannen gilt, hat etwas mit dem chindi zu tun – mit dem bösen Geist eines Verstorbenen, von dem ein Lebender berührt worden ist.«
Es geht wie immer in Tony Hillermans sogenannten »Ethno-Krimis« um die Tradition der Navajo-Indianer, um den Zusammenprall und das oftmalige Aufweichen der Kulturen und Traditionen und es geht nicht selten um Mordfälle, die aus diesem Konflikt entstehen. Mit der »Nacht der Skinwalkers« ist alles auf unaufdringliche, dennoch eindringliche Weise beschrieben, Jim Chees allmähliches Unbehagen, wenn er an seine weiße Freundin denkt, die wohl nicht mehr in das Reservat zurückkehren wird, Lieutenant Leaphorns Angst vor der Erkenntnis, dass seine Frau Emma an Alzheimer erkrankt sei könnte, ja selbst die Katze wird immer auftauchen in diesem Geflecht der Spuren- und Motivsuche in einem Gebiet der Welt, in dem Mythen das Leben auf das Tiefste bestimmen. »Der Geisterglaube spielte bei den Navajos eine beherrschende Rolle, ihr ganzes Leben war darauf ausgerichtet, den Umgang mit Zauberern zu meiden, ihren Fluch von sich abzuwenden, sich durch einen Gesang von ihm heilen zu lassen. Und so kannten sie natürlich viele Worte für Zauberei, für jede ihrer Erscheinungsformen ein anderes.«
Und es geht um die Aufgaben, die ein oft ungeliebter Polizist der Navajo Tibal Police neben all den übrigen Arbeiten zur Erhaltung der ordentlichen Abläufe zu leisten hat, nämlich jenen Fluch zu bekämpfen, wie Hillerman es Chee formulieren lässt, jenen Fluch, unter dem das tägliche Leben oft litt: »Aber er wußte, daß es einen anderen Fluch gab, unter dem das Dinee litt: das Böse in einer sehr viel alltäglicheren Form. Es war die Abwendung vom Weg der Klarheit und Schönheit, das freiwillige Ja zum Bösen. Es sah es doch jeden Tag. Er sah es, sooft einer Whiskey an Kinder verkaufte. Er sah es bei den Messerstechereien in Gallup, er sah es bei denen, die ihre Frauen schlugen und ihre Kinder verkommen ließen. Es fing schon mit denen an, die sich lieber einen Videorecorder kauften, als ihren hungernden Verwandten zu helfen.«
Man sollte sie alle lesen, die Bücher Hillermans, deren chronologische Folge der Rowohlt Verlag dankenswerterweise aufführt, auch wenn Hillerman jeden Roman für sich selbst stehen lässt und auf sehr gekonnte Weise die Funktion und die Arbeit der Polizeitruppe im Verlauf jeder Geschichte erläutert.
Sie sind nicht nur gut geschrieben und versuchen, indianisches Leben im 20. Jahrhundert zu erklären, sie sind auch eine hohe Form der Kriminalliteratur: sie deuten nicht aus und sie beschreiben nicht nur, sie schaffen eine Welt und eine Atmosphäre, die über die Handlung hinaus etwas Erleuchtendes schaffen – ein Verständnis für die Welt und ihre Mythen.
© by Stefan Lichtblau


Tony Hillerman:
Die Nacht der Skinwalkers

Roman.
Reinbek: Rowohlt 2003
ISBN 3-499-23571-4,
208 S. (TB), EUR 8,90



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